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Insolvenzanfechtung – trotz Gesetzesnovelle ein hohes Risiko!
Die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff InsO steht seit Jahren rechtspolitisch in der Kritik – überzogene inhaltliche Regelungen und zu niedrige Eingriffsschwellen, zu lange Rückwirkungszeiträume, überharte Zinsregelungen, Rechtsunsicherheit durch unklare Regeln und Ausnahmen… – als Kritikpunkte werden insb. aus Sicht von Handel und Industrie viele genannt.
Die jüngst vom Gesetzgeber beschlossene Anfechtungsnovelle hat also mit einer erheblichen Erwartungshaltung beteiligter Kreise zu rechnen. Wird sie dieser Erwartungshaltung gerecht? Um es vorwegzunehmen: Nur teilweise!
Einer der wichtigsten – positiven – Inhalte der Novelle steht nicht im Text: Der Gesetzgeber hat dem massiven Druck der Finanzbehörden und der gesetzlichen Krankenkassen, sie aus dem Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung herauszunehmen, wiederstanden. Dies ist sehr begrüßenswert: Diese beiden Gläubigergruppen werden in der Praxis der Insolvenzverfahren weitaus am meisten angefochten (letztlich eine direkte Folge ihrer privilegierten Position durch Möglichkeiten eigener Titulierung und Beitreibung ihrer Forderungen). Ein Wegfall dieser Gläubigergruppen hätte den gesetzlichen Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auf den Kopf gestellt und andere Gläubiger – insb. Lieferanten und Dienstleister – massiv benachteiligt.
Positiv hervorzuheben ist auch die neue, leider im Detail etwas verunglückte Zinsregelung (die als einzige Regelung der Novelle grds. auch für Altverfahren gilt): War bisher stets rückwirkend ab Insolvenzeröffnung ein hoher Zins zu zahlen (auch bei erst Jahre später erfolgter Anfechtung!) muss der Insolvenzverwalter nun den Zinslauf per Aufforderungsschreiben in Gang setzen!
Erwähnenswert ist auch eine Neuregelung, die über Änderungen der Beweislast eine Anfechtung von Ratenzahlungen und ähnlichen Zahlungserleichterungen erschweren soll:… Die Wirkung dessen darf aber in keinem Fall überschätzt werden: Unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorgeschichte, des konkreten Inhalts und des weiteren Schicksal solcher Vereinbarungen und einer daraus abgeleiteten Zahlungsunfähigkeit kann ein Gericht nach wie vor gezahlte Raten…für rückzahlbar erklären. Wer also künftig Ratenzahlungen pauschal für unanfechtbar hält, geht in gefühlter Scheinsicherheit u.U. gerade erst Risiken ein!
Daneben existieren diverse weitere Änderungen im Detail, die in Randbereichen Erleichterungen bringen.
Der Kernbereich der Insolvenzanfechtung aber wird bleiben und für Unternehmen weiter erhebliche und im Einzelfall existenzgefährdende Risiken bringen. Insbesondere bleiben trotz marginaler Änderungen die generell sehr niedrigen Eingriffsschwellen für eine mögliche Anfechtung erhalten!
Situationsangepasste Prävention und kluge Taktik im Anfechtungsfall (vor allem: Nichts sagen, nichts rausgeben ohne Anwalt!) bleiben daher so wichtig wie bisher!
Nehmen Sie daher zur Prävention oder zwecks Regelung eines konkreten drohenden Anfechtungs-Sachverhalts – erst recht im Falle eines Anschreibens durch einen Insolvenzverwalter – mit einem spezialisierten Fachanwalt für Insolvenzrecht Kontakt auf, um Schlimmeres zu verhindern.