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Merkblatt: Strafprozessuale Durchsuchungen
Strafprozessuale Durchsuchungen durch die Polizei dienen nicht nur dem Auffinden von Beweismitteln. Häufig dienen sie dazu, dass der überraschte Bürger in der außergewöhnlichen Stresssituation einer Durchsuchung Fehler macht, die den Ermittlungsbehörden die Arbeit und die eine Überführung leichter machen. Oft führt die Situation dazu, dass viele Betroffenen sich erklären und rechtfertigen wollen. Schnell – und unbeabsichtigt – wird da z.B. ein Geständnis draus.
Sollten Sie daher in einem möglichen Ermittlungsverfahren gegen Sie oder sonstige beteiligte Dritte eine Durchsuchung befürchten, lesen Sie bitte diese allgemeinen Tipps durch – natürlich VORHER!
1. Nichts sagen!
Fragen Sie zu Beginn nach dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss und den Dienstausweisen.
Zu allem, was in irgendeiner Art mit einem möglichen Strafvorwurf zu tun hat, sagen Sie GAR NICHTS. Auch dann nicht, wenn Sie der Meinung sind, alles leicht aufklären zu können oder sowieso recht zu haben. Auch keine Teilinfos!
Seien Sie vorsichtig: Manche Polizeibeamten tun so, als müssten Sie antworten. (stimmt nicht!) Andere Beamte deuten an, wenn man etwas sage, sei die Durchsuchung schneller vorbei (kann sein, aber das hat ggf. Langzeitfolgen zu Ihren Lasten!) Manche fangen schon an der Tür an, Fragen zu stellen. (lassen Sie sich nicht überrumpeln! Auch hier gilt: nicht antworten!) Manche fragen immer wieder nach, in der Hoffnung, man knicke ein.
Hart bleiben: „Ich kann mich zu dem Thema nicht äußern. Ich muss dazu meinen Anwalt sprechen und möchte das jetzt tun!“ (zur Not auch mehrfach!)
Wichtig: Erfahrene Beamte sind Spezialisten darin, Ihnen während der Durchsuchung beiläufige Fragen zu stellen. Auch diese Antworten landen in der Akte und sind hinterher so gut wie nicht mehr korrigierbar. Auch hier: keine Informationspflicht, einfach den Mund halten!
2. Sofort Strafverteidiger kontaktieren!
Sobald als möglich Kontakt zum Strafverteidiger aufnehmen. Im Idealfall kann der sofort vorbeikommen (insbesondere dann, wenn Sie nach dem Lesen dieses Merkblatts vorab mit mir Kontakt aufgenommen haben, weil Sie eine Durchsuchung befürchten….) Geht das nicht, kann ich ggf. am Telefon Rat geben oder mit den Beamten reden.
Wichtig: Wenn Sie anrufen wollen, teilen Sie dem Beamten mit, dass Sie mit mir reden wollen. Verdächtigt Sie der Polizist, dass Sie mit einem Dritten telefonieren wollen, lassen Sie den Beamten vorab unter meiner Nummer anrufen. Er kann sich dann vergewissern, dass ich der Verteidiger und kein Mittäter oder Ähnliches bin.
Wichtig: Auch wenn der Beamte Ihnen verbieten will, Ihren Anwalt anzurufen: Bleiben Sie beharrlich und bestehen Sie auf den Anruf. Er darf es Ihnen nicht verbieten.
3. Keinerlei körperliche Angriffe, Beleidigungen oder Bedrohungen!
Sie machen sich strafbar und angreifbar. Auch dann, wenn die Beamten unfreundlich werden oder Ihnen mit Untersuchungshaft oder ähnlichen Übeln kommen: Bleiben Sie ruhig!
4. Fragen nach dem Durchsuchungsbeschluss
Normalerweise bedarf es für eine Durchsuchung eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses.
Lassen Sie sich diesen aushändigen, lesen Sie ihn genau durch. (und: Nicht kommentieren sondern keine Angaben machen, egal wie schlimm der Vorwurf lautet!) Aus dem Durchsuchungsbeschluss muss sich ergeben, was durchsucht werden darf und wonach gesucht wird.
Nur ausnahmsweise, bei „Gefahr im Verzug“ geht es auch ohne. Das ist ggf. dann der Fall, wenn die Sache so eilig ist, dass nicht einmal Zeit für einen richterlichen Beschluss bleibt.
Wichtig: Polizisten versuchen gerne, einen dazu zu bringen, dass sie auch in Räume dürfen, für die sie keinen Durchsuchungsbeschluss haben.
Typisch: „Dürfen wir uns auch in Ihrer Wohnung umsehen?“
Verneinen Sie freundlich, lassen Sie sich auf keine Diskussionen nach dem „warum“ ein. Verweisen Sie auf Ihren Strafverteidiger. Das gilt auch dann, wenn der Beamte behauptet, einen Durchsuchungsbefehl für die Räume zu haben. Diesen lassen Sie sich im Zweifel zeigen!
Vorsicht: Das muss nicht unbedingt stimmen! In solchen Situationen dürfen Polizeibeamte lügen! (Das nennt sich dann „ kriminalistische List“– es bleibt aber trotzdem eine leider erlaubte Lüge!)
Wichtig: Die Beamten argumentieren gerne, es sei doch im Ergebnis egal, ob man sie freiwillig reinlasse oder nicht. Auch das ist „kriminalistische List“. (also im Ergebnis: gelogen!) Wenn Sie die Polizei freiwillig reinlassen, verzichten Sie damit auf ganz viele Kontrollrechte bezüglich der Durchsuchung. Ihr Verteidiger kann diese Möglichkeiten hinterher nicht mehr für Sie geltend machen, wenn Sie freiwillig mitmachen!
5. Kein richterlicher Durchsuchungsbeschluss?
Normalerweise benötigt die Polizei einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Ausnahmen gibt es nur bei Gefahr im Verzug, d.h., wenn die Sache so eilig ist, dass kein Beschluss vom Richter oder notfalls vom Staatsanwalt eingeholt werden kann.
Fragen Sie in diesem Fall nach einem gerichtlichen 24h – Bereitschaftsdienst (das haben inzwischen sehr viele Gerichte!), bitten Sie darum, dass der Bereitschaftsdienst in Ihrer Anwesenheit angerufen wird, sofern nicht bereits ein Durchsuchungsbeschluss vorliegt.
Noch besser, versuchen Sie Ihren Verteidiger zu kontaktieren!
Fragen Sie nach dem angeblichen Grund für „Gefahr im Verzug“ und notieren Sie alle Antworten sofort!
6. Unterstützung?
Oft wird auch angeboten, dass die Durchsuchung schneller vorbei ist und nicht alles durchwühlt wird, wenn Sie die Polizei unterstützen. Eine Unterstützung kann aber erhebliche Rechtsnachteile mit sich bringen. Im Zweifelsfall unterstützen Sie nur nach Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger.
7. Vorsicht vor den Formularen der Polizei
Wenn Sie etwas nicht verstehen, nicht ankreuzen und ggf. widersprechen! Vorsicht vor vorangekreuzten Formularen! Oft will man „nur noch raus hier“ und kreuzt das an, was der Polizeibeamte vorgibt, was aber nicht immer gut ist für Sie! Lassen Sie sich im Zweifel ein nicht angekreuztes Formular geben.
8. Beschlagnahmte Unterlagen
Bestehen Sie auf eine Versiegelung der Unterlagen und darauf, dass Sie von benötigten Geschäftsunterlagen, die Sie brauchen, Kopien anfertigen dürfen.
Wenn Sie eine Durchsuchung befürchten, rate ich an, dass Sie vorab mit mir Kontakt aufnehmen, damit ich Sie mit meiner Erfahrung als Fachanwältin für Strafrecht konkret beraten kann!