Ein kleiner Fall: Einer Mandantin von mir (Arbeitnehmerin) gefiel es beim bisherigen Chef nicht gut. Die Arbeit war schön. Die Kollegen waren in Ordnung. Die Bezahlung war o. k. Nur die Chefs….
Sie kündigte ordnungsgemäß und bekam ein Zeugnis „unter aller Sau“. Warum? Der Arbeitgeber hatte vergessen, einige kleinere Fortbildungen, die er bezahlt hatte, mit Rückzahlungsvereinbarungen zu versehen. Deshalb bekam er nichts zurück. Und er war sauer, weil er niemand anders fand. Also rächte er sich. (Manche Chefs wissen halt noch nichts von Bewertungsplattformen für Arbeitgeber…)
Leider funktioniert das manchmal ganz gut, weil der Arbeitnehmer oft weder das Geld (oder die Rechtsschutzversicherung) hat, um einen Prozess zu führen, und weil der Arbeitnehmer beweisen muss, dass er tatsächlich gut war. ( Im Einzelfall ziemlich schwierig, auch wenn er es war…)
Aber da war noch was: Weil die Arbeitnehmerin klug war, hatte sie recht kurz vor ihrer eigenen Kündigung ein Zwischenzeugnis eingefordert. Und das war – der Wahrheit entsprechend – ziemlich saugut.
Was hilft das Zwischenzeugnis dem Arbeitnehmer? Je näher das Zwischenzeugnis an der Kündigung ist und je größer der zeitliche Anteil, den es am Gesamt-Arbeitsverhältnis abdeckt, umso mehr vermutet das Arbeitsgericht, das eigentlich der Inhalt des Abschlusszeugnisses dem Inhalt des Zwischenzeugnisses entsprechen müsste. (Vor allem: Der zurückliegende Zeitraum vor dem Zwischenzeugnis wird ja dadurch nicht in seiner Bewertung anders, dass man im Nachhinein geht…)
Was geschah?
Wir erhoben Klage vor dem Arbeitsgericht und legten der Klage das Zwischenzeugnis bei und verlangten Abschlusszeugnis mit identischen Inhalten, versehen mit dem sehr deutlichen Hinweis, dass der Arbeitgeber sich hier offensichtlich lediglich rächen wollte.
Es kam nicht zu einer Gerichtsverhandlung, die Blamage wollte sich der Arbeitgeber sparen. Es wurde ein vernünftiges Zeugnis ausgestellt.
Was lernen wir daraus?
Das – gegebenenfalls auch wiederholte – Verlangen eines Zwischenzeugnisses bei passenden Zeitpunkten kann einem hinterher ganz schön helfen. Und weil die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Anlässe, aus denen ein Zwischenzeugnis verlangt werden kann, ganz schön häufig sind andere Position, Chefwechsel, …..) sollte man davon auch Gebrauch machen und gegebenenfalls – während das Arbeitsverhältnis noch in guten Bahnen verläuft – auch deutlich darauf hinweisen, dass man ein Zwischenzeugnis zu kriegen hat.
Arbeitgeber sind in einer solchen Situation in einer Zwickmühle: Geben Sie ein schlechtes Zwischenzeugnis , vergraulen Sie vielleicht einen guten Mann oder einen, den Sie zumindest brauchen. ( Vielleicht will der Mann ja nur eine Standortbestimmung und wissen, wo und wie Ihr Unternehmen steht…) Geben Sie einem wechselwilligen Arbeitnehmer ein gutes Zwischenzeugnis, unterstützen Sie ihn gegen Ihre Interessen beim Wechsel. Hier hilft nur nachdenken im Einzelfall