Selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Betäubungsmittelhandel kann doch noch ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO bestehen, denn nach der Abgabenordnung (§ 116 AO) müssen Steuerstraftaten von den Gerichten und/oder Behörden entsprechend angezeigt werden.
Wenn also „Gelder“ durch Betäubungsmittelhandel eingenommen werden, müssten auch diese nach der Abgabenordnung (§ 370 AO) versteuert werden, genauso wie wenn rechtswidrige Geldeinnahmen durch Diebstahl oder Betrug vorliegen. Bei solchen Straftaten, vor allem im größeren Stil, habe ich bereits mehrfach erlebt, dass die Steuerstrafbehörden noch nach Abschluss des zugrundeliegenden Strafverfahrens (Diebstahl, Betrug) ein Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung einleiten und durchführen.
Somit könnte sich ein Zeuge, der bereits rechtskräftig wegen Betäubungsmittelhandel verurteilt wurde, doch noch auf sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO berufen.
Dabei ist aus anwaltlicher Sicht unerheblich, ob tatsächlich in der Praxis eine Verfolgung durch die Steuerstrafbehörden wegen Steuerhinterziehung erfolgt oder nicht.
Die potentielle Möglichkeit, dass die Steuerstrafbehörden deswegen noch ein Steuerstrafverfahren einleiten könnten ist ausreichend, um ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO auszulösen, und zwar ein umfassendes, sodass der betreffende Zeuge bereits nach der Mosaiktheorie des Bundesgerichtshofes nicht eine einzige Frage beantworten müsste, denn er würde dann möglicherweise nähere Angaben zu seinen eigenen Verkäufen und Geldeinnahmen machen, die dann im Steuerstrafverfahren verwendet werden könnten.
Der Zeuge, nicht aber der Angeklagte, hat sogar das Recht, das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO durch das Oberlandesgericht überprüfen zu lassen, wenn das Instanzgericht diese Ansicht anlässlich seiner Zeugenvernehmung verneinen sollte.
Diese Ansicht wurde bislang von den Gerichten auch eher „belächelt“, jedoch nun aktuell am 02.02.2021 durch das Amtsgericht Rottweil bestätigt, zumindest hat das Amtsgericht Rottweil ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO nach Vortrag von RAin Mager aus den obigen Gründen nicht ausgeschlossen und sogar einen Zeugenbeistand für den Zeugen beigeordnet, da diese Rechtsansicht selbst für Juristen sehr kompliziert und sehr schwer nachvollziehbar ist.
Lassen Sie sich also vor einer etwaigen Zeugenvernehmung strafrechtlich beraten, es lohnt sich somit fast immer, sich auch als Zeuge vorab bei einem anwaltlichen Spezialisten zu informieren.
Wird dies nicht beachtet, werden aus anfänglichen Zeugen oft spätere Angeklagte.
Ich berate Sie als Fachanwältin für Strafrecht in allen Sie betreffenden strafrechtlichen und strafprozessualen Fragen – kommen Sie frühzeitig!
Miriam Mager
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Strafrecht