Seit der Insolvenzrechtsreform in 2017 findet sich in der für Steuerbehörden, gesetzliche Krankenkassen, Lieferanten etc. gefährlichsten Anspruchsgrundlage des Insolvenzanfechtungsrechts, der „Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO“, eine neue Beweis Lastenregelung.
Sie lautet wie folgt:
„ Hat der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.“
Während in der Anfangsphase nach dem Tätigwerden des Gesetzgebers Gläubigervertreter die Norm und ihre (gewünschte) Bedeutung fast in den Himmel hoben ( grob gesagt nach dem Prinzip: „ Egal was sonst vorher war und nachher kam, mach einfach eine Ratenzahlung… und die Insolvenzanfechtung ist futsch…!“ ) waren die meisten Stimmen in der insolvenzrechtlichen Literatur deutlich skeptischer. Dies wurde durch Stimmen aus dem Neunten Senat des Bundesgerichtshofs in der Vergangenheit weitgehend bestätigt.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom 07.05.2020, Az. IX ZR 18/19, erstmals Aussagen zu der oben genannten Beweislastregelung getroffen.
Wie – nach vorigen Aussagen einzelner Richter – fast nicht anders zu erwarten, sieht der Bundesgerichtshof die den Gläubiger privilegierende Wirkung des §§ 133 Abs. 3 S. 2 InsO nur in sehr begrenztem Umfange.
Der Bundesgerichtshof stellt zum einen fest, dass es sich lediglich um eine widerlegliche Vermutung handle. Darüber hinaus kann sich ein Insolvenzverwalter zur Widerlegung dieser Vermutung nach dem Bundesgerichtshof hat alle Umstände berufen, die über die Gewährung der Zahlungserleichterung und die darauf gerichtete Bitte des Schuldners hinausgehen.
Ebenso akzeptiert der Bundesgerichtshof, dass der Insolvenzverwalter mit Umständen argumentiert, die bereits vor Gewährung der Zahlungserleichterung bestanden und aus denen sich nach wie vor auch nach der gewährten Zahlungserleichterung zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lässt.
Die Entscheidung dürfte im Bereich des Insolvenzanfechtungsrechts einige Diskussionen zum Verstummen bringen.
Darüber hinaus zeigt sie auf, dass der hier anfänglich von Gläubigerseite genannte Weg zu einer Insolvenz Anfechtungsprävention ein Irrweg war.
Durch Anfechtungsrisiken gefährdeten Gläubigern bleibt anzuraten, andere Präventionsmaßnahmen (Bargeschäfts-Einwand gemäß § 142 InsO, anfechtungsfreie Sicherheiten…) , Die im Einzelfall zum Geschäftsmodell des Gläubigers passen, vorzuziehen.