Wichtiger Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung?
Hört man sich vor den Arbeitsgerichten als unbefangener zuhörender Dritter auf der Publikumsbank manche widerstreitenden Parteivorträge in Prozessen an, fragt man sich manchmal unwillkürlich, ob es sich tatsächlich um Parteien desselben Arbeitsverhältnisses gehandelt hat und ob sie vielleicht sogar zu verschiedenen Zeiten auf verschiedenen Planeten gelebt haben.
Solche Sachverhalte sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit – weil nicht alles davon nur unterschiedliche Bewertung sein kann – auch damit verbunden, dass eine Partei bewusst lügt.
Das hat nicht nur im Einzelfall strafrechtliche Folgen (in Form eines sogenannten versuchten – oder – bei Erfolg – erfüllten Prozessbetrugs gemäß § 263 StGB), es kann auch Auswirkungen auf ein noch im Prozess laufendes Arbeitsverhältnis haben, wie der folgende Fall zeigt (LAG Nürnberg, Urteil vom 22.01.2020, Az. 6 Sa 297/19):
In einem arbeitsrechtlichen Streit darum, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet sei, bestimmte Tätigkeiten im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zu erledigen oder nicht (Es ging um Kloputzen…) trug der Arbeitnehmer bewusst falsch vor, und zwar mehrfach und vertiefend.
Der Arbeitgeber nahm diesen bewusst falschen Sachvortrag zum Anlass, außerordentlich/fristlos zu kündigen, Das Landesarbeitsgericht Nürnberg gab ihm letztendlich Recht:
Das Landesarbeitsgericht wertete den bewusst falschen Sachvortrag des Arbeitnehmers (der bei richtigem Sachvortrag ein prozessuales Problem mit der Durchsetzung seines Prozessziels gehabt hätte…) nicht nur als prozessualen und strafrechtlichen Sachverhalt, sondern zugleich als schweren Verstoß gegen neben vertragliche Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, § 241 Abs. 2 BGB.
Im Ergebnis hielt das die außerordentliche Kündigung. Allerdings bestätigte es auch ausdrücklich, dass dies nicht bei jeder objektiv wahrheitswidrigen Erklärungen einem Rechtsstreit von vorneherein zu dieser Rechtsfolge führe. Es müsse dazu sein, dass sein Vertragspartner sich mit der Erklärung auf unredliche Weise auf Kosten des anderen Vertragspartners rechtliche Vorteile verschaffen wolle.
(Wenn man genauer darüber nachdenkt: Das ist in vielen Fällen der Fall!)
Die Entscheidung zeigt zum einen Prozessparteien einen zusätzlichen Weg einer Reaktion auf vorsätzliche Lügen des Prozessgegners. Zum anderen wird man sich überlegen müssen, ob man sie nicht im Einzelfall zum Anlass nimmt, es mit der Wahrheit etwas genauer zu nehmen, da insbesondere in Kündigungsrechtsstreit auf Arbeitnehmerseite man der Gegenseite ein (im Einzelfall ziemlich griffiges neues Vorgehen) schenkt, mit dem auch Schwächen vorheriger ordentlicher Kündigungen zumindest für die Zukunft geheilt werden können.