Der Zeitpunkt rückt näher, an dem wesentliche Teile unserer deutschen Bevölkerung oder zumindest bestimmte Personen- und Berufsgruppen die Möglichkeit zu einer Corona-Impfung erhalten werden.
Arbeitgeber stehen sich daher derzeit die Frage, ob sie die Möglichkeit haben, auf gesetzlicher und/oder arbeitsvertraglicher Grundlage von Ihren Mitarbeitern zu verlangen, dass diese sich impfen lassen.
Zunächst ist festzustellen, dass derzeit eine gesetzliche Pflicht zu Impfungen gegen den Corona-Virus nicht besteht. Das Bundesverfassungsgericht hat (was Impfgegnern weitestgehend unbekannt sein dürfte und auch bei Kenntnis ungern gesehen wird) bereits 1959 anlässlich der Pockenschutzimpfung schon klargestellt, dass eine gesetzliche Pflicht grundsätzlich möglich und verfassungskonform sein kann.
Derzeitige Gesetze und Verordnungen sehen aber für den Corona-Virus derzeit keine Pflicht vor.
Dies bedeutet allerdings nicht zwingend, dass dies im Zivilrecht, im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – automatisch gleich ist.
Maßnahmen wie Fiebermessungen und Befragungen von Urlaubsrückkehrer nach Aufenthalten in Risikogebieten wurden schon bisher arbeitsrechtlich für zulässig erachtet, teils auf Grundlage der Schutzpflicht des Arbeitgebers für seine Beschäftigten gemäß § 618 BGB oder nach § 3 ArbSchG. Einige spezielle Tarifverträge verpflichten Arbeitnehmer auch zur Durchführung von gesundheitlichen Untersuchungen, wenn Zweifel an der Arbeitsfähigkeit bestehen und verlangen eine Offenbarung des Untersuchungsergebnisses gegenüber dem Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25.01.2018, Az. 2 AZR 382/17) hat diese Regelungen als wirksam angesehen.
Aber wie sieht es mit der Anweisung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer aus, sich impfen zu lassen (allgemein oder beim Betriebsarzt?)
Konkrete Rechtsprechung existiert zu dieser Sondersituation leider nicht. Die überwiegende Meinung in der Literatur scheint im Moment aber davon auszugehen, dass in normalen Arbeitsverhältnissen – also in normalen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben – das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht ausreicht, um eine solche Anordnung rechtswirksam zu treffen. Ansonsten würde eine nicht existierende gesetzliche Pflicht durch die Hintertür eingeführt.
In etwa mit den gleichen Argumenten wird vorgebracht, dass auch eine entsprechende Zusatzvereinbarung unwirksam sein dürfte.
Ausnahmen hiervon wird man lediglich in besonderen Fällen diskutieren können, bei denen ein besonders hohes Risiko für beteiligte Dritte existiert, also z.B. in der Pflege oder einer Lungenfachklinik. Aber auch in diesen Fällen wird man die Annahme einer ausnahmsweisen Pflicht in einer zukünftigen Rechtsprechung nicht als „Selbstläufer“ ansehen dürfen. Auch erscheint eine gerichtliche Durchsetzung einer solchen Pflicht als wenig praktikabel.
Es steht daher zu vermuten, dass die Diskussion tendenziell eher um andere Themengebiete gehen wird:
Zum einen werden sich Arbeitgeber überlegen müssen, ob mit fehlender Impfung im Einzelfall ein Wegfall der Eignung für ein konkretes Arbeitsverhältnis möglich ist – hier scheint im Einzelfall ein Risiko des Arbeitnehmers möglich, dass der Arbeitgeber kündigt. Dies mag z.B. für Fälle gelten, in denen Außendienstmitarbeiter nicht mehr zu Kunden können, weil diese den Nachweis einer Impfung verlangen.
Eine weitere Frage ist, ob neu einzustellenden Arbeitnehmern die “Impf-Frage“ gestellt werden darf ( wofür einiges spricht und was bedeuten würde, dass im Falle einer Lüge gegebenenfalls eine Anfechtung des Arbeitsvertragsschlusses wegen Täuschung möglich wäre…) bzw., ob eine Impfung als Voraussetzung einer Eignung angenommen werden darf (wofür auch einiges spricht.
Darüber hinaus wird sich ein Teil der Diskussion vermutlich in die Richtung verlagern, ob und gegebenenfalls wie Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis zwischen nicht geimpften und geimpften Arbeitnehmern unterscheiden dürfen.
Hier erscheint z.B. möglich, das ungeimpften Mitarbeitern der Zugang zu Sozialeinrichtungen wie Kantinen… Verboten bzw. nur unter erschwerten Bedingungen erlaubt werden darf.
Auch erscheint es als wohl zulässig, wenn Arbeitgeber für geimpften Mitarbeiter finanzielle oder sonstige Sondervorteile ausloben.
Sind Sie sich als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unklar darüber, wie sie in dieser Situation agieren müssen? Rechtsanwalt Klaus Maier/Fachanwalt für Arbeitsrecht berät Sie gerne.