Manchmal ist man ja beinahe stolz auf „sein “Landesarbeitsgericht.
Z.B. dann, wenn klare Kante gezeigt wird, wo klare Kante angesagt ist. Einen solchen Fall betrifft das Urteil Az. 17 Sa 52/, 18 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg.
Der Fall ging so:
Eine Arbeitnehmerin war in einem Unternehmen frisch als kaufmännische Angestellte eingestellt worden, als ihr kurz nach Einstellung ein flüchtiger Bekannter erzählte, der im Betrieb beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei ein verurteilter Vergewaltiger.
Die Frau hatte nichts anderes zu tun, als umgehend per Ort eine Kollegin über das (unzutreffende) Gerücht zu informieren. Und weil das nicht genug war, behauptete sie auch, dies hätten mehrere Leute unabhängig voneinander erzählt; die ganze Stadt L. wolle mit dem Mann nichts mehr zu tun haben. Sie werde für so jemand nicht arbeiten. Und die Kollegin forderte sie gleich auch noch dazu auf, nicht mehr für so jemanden zu arbeiten. Ganz nebenbei solle der Vater des Chefs früher auch noch einen Betrug in der Versicherungsbranche durchgeführt haben, der nie angezeigt worden sei.
Die Arbeitnehmerin hatte nicht nur eine blühende Fantasie, sondern sehr bald auch ein ernstes Problem, weil die Kollegin am selben Tag Geschäftsführer mitsamt Vater um einen Gesprächstermin bat, in dem sie die Sache offenlegte. Es folgte eine außerordentliche, fristlose Kündigung.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschied in zweiter Instanz, dass die fristlose Kündigung korrekt war.
Die Frau habe sich nachweislich wahrheitswidrige Behauptungen zu eigen gemacht und habe sogar versucht, auf dieser Basis eine Kollegin zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes zu bewegen. Nicht nur habe sie den Vater des Geschäftsführers erheblich in Misskredit gebracht (Die Verbreitung der falschen Behauptung sei eine strafbare üble Nachrede und stelle eine erhebliche Ehrverletzung dar), sie habe auch das Ansehen der Firma in der Öffentlichkeit geschädigt und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört.
Und wie Richter nun mal sind, setzten sich die Richter des Landesarbeitsgerichts auch gleich noch mit ein paar Verteidigungsargumenten der Uneinsichtigen auseinander.
Da der Fall so gravierend sei, sei keine vorherige Abmahnung vor der fristlosen Kündigung erforderlich.
Dass die Frau gedacht hätte, der Chat mit der Kollegin per WhatsApp sei vertraulich gewesen, helfe ihr nicht weiter. Bereits dies sei eine Verbreitung einer falschen Behauptung gewesen.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung helfe der Gekündigten auch nicht weiter: Eine Grenze der freien Meinungsäußerung sei der gesetzlich reglementierte strafrechtliche Ehrenschutz, der hier greife.
Und weil sich die Frau auch noch auf ein „berechtigtes Interesse“ ( so eine Art Sammel-Rechtfertigungsgrund für verschiedene Fälle) berief: „Äußerungen, die lediglich der Freude am Platz,der Befriedigung menschlicher Neugier und der Erregung von Sensationen dienen“, haben nichts mit der Wahrnehmung berechtigter Interessen zu tun.
Lehrbuchhaft schön.