Ein üblicher Streit und eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Ein Arbeitnehmer war seit den Betriebsratswahlen 2006 Vorsitzender Betrieb des Betriebsrats und aufgrund der Größe des Unternehmens und der gesetzlichen Vorgaben von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt.
In 2016 trat er an den Arbeitgeber heran und forderte eine höhere Vergütung. Er argumentierte, dass er für den hypothetischen Fall, dass er seine berufliche Tätigkeit normal fortgesetzt hätte und sich nicht in den Betriebsrat hätte wählen lassen, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Eigenschaften und der betriebsüblichen Entwicklung nunmehr eine Führungsposition innehätte, bereits vor seiner Freistellung sei er teilweise stellvertretend so tätig gewesen.
Der Arbeitgeber weigerte sich, das Ganze ging bis vors Bundesarbeitsgericht.
Dieses stellte zum einen als abstrakten Rechtssatz fest, dass die Gehaltsentwicklung von Betriebsratsmitgliedern während der Amtszeit in Relation zu der vergleichbarer anderer Arbeitnehmer nicht zurückbleiben dürfe. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen sei, könne daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch nehmen. Dies ergibt sich letztlich aus § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG.
Letztlich prüfte das Gericht auch die Argumente des Betriebsratsvorsitzenden in Bezug auf seine hypothetischen Entwicklung und gab ihm in diesem Einzelfall Recht. (BAG-Urteil vom 22.01.2020, Az. 7 AZR 222/19)
Das Urteil stärkt einerseits die Rechte von Betriebsräten, andererseits gibt es dem einzelnen Betriebsrat keinen Automatismus dahingehend, dass er in jedem Fall unterstellen könne, er wäre in der Zwischenzeit befördert worden. Hierbleibt viel Raum für Einzel-Argumentation und demnach auch für Auseinandersetzungen, da das jeweils zuständige Arbeitsgericht letztendlich eine Prognose über eine hypothetische Entwicklung machen muss, auf Basis vernünftiger Argumente und Erfahrungssätze.
Und wenn ein Betriebsrat 10 oder 15 Jahre lang nicht mehr in seinem normalen Job war, in dem er ursprünglich angestellt worden, ist klar, dass die Meinungen über die Entwicklungen in dieser Zwischenzeit massiv auseinandergehen können.
Ein Betriebsrat, der eine entsprechende Nachzahlung will, muss im Zweifelsfall weiter argumentieren, der Arbeitgeber kann sich im Einzelfall weiterhin wehren.