Das Arbeitsrecht wurde – wie unsere restliche Gesellschaft – von der Corona-Krise kalt erwischt: So etwas gab es noch nie…. Daher ist es für alle Beteiligten von besonderer Bedeutung, Antworten für einige anstehende Fragen zu bekommen.
Berücksichtigen Sie als Arbeitnehmer bitte, dass wir in Anbetracht der Kürze der Situation noch so gut wie keine Entscheidungen von Gerichten vorliegen haben – daher ist besondere Vorsicht bei Auseinandersetzungen geboten, ebenso im Zweifelsfall – wenn möglich – Kooperation per Absprache mit dem Arbeitgeber.
Frage 1: Muss mein Arbeitgeber mir Masken stellen, damit ich mich und andere bei der Arbeit schützen kann?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich an die geltenden rechtlichen Vorgaben ( (Sars-CoV-2 -Arbeitsschutzregel der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – aktuelle Version: August 2020) zu halten. Danach ist ein Mindestabstand von 1,5 m Pflicht, wenn das nicht gewährleistet ist, muss eine Maske getragen werden. In einzelnen Bundesländern gibt es allerdings noch schärfere Pflichten.
Soweit öffentlich-rechtliche Pflichten bestehen, Schutzausrüstung zu verwenden, (also auch Masken) muss der Arbeitgeber diese bereitstellen und bezahlen.
Frage 2: Muss ich im Home Office arbeiten, wenn ich an Covid-19 erkrankt bin?
In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber in der Zwickmühle: Er muss dafür sorgen, dass die anderen Mitarbeiter, Kunden… sich nicht anstecken. Deshalb wird für die aktuelle Corona-Situation überwiegend angenommen, dass der Arbeitgeber auch ohne allgemeine Zusatzvereinbarung zu Tätigkeiten im Home Office berechtigt ist, eine Arbeit im Home Office anzuordnen. Natürlich muss er dann die entsprechenden Arbeitsmittel stellen, einschlägige Arbeitsschutzregeln einhalten und anfallende Kosten tragen. Da bis dato nur allgemeine Rechtsprechung aus der Zeit vor Corona existiert, die sich mit dieser Spezialsituation nicht befasst, ist eine Verweigerung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer in einem solchen Fall riskant. ( Risiko von Abmahnungen, Kündigungen und nachfolgender Sperre durch die Arbeitsagentur ….) Wenn möglich, sollten einvernehmliche Lösungen gefunden werden.
Frage 3: Darf ich ins Homeoffice, wenn mein Arbeitgeber kein Schutzkonzept für seine Mitarbeiter entwickelt hat?
Momentan gibt es keine allgemeine gesetzliche Regel, wonach der Arbeitnehmer selbst entscheiden darf, ob er in Home Office geht. (Allerdings kann aus Arbeitsverträgen, Tarifverträgen etc. im Einzelfall anderes gelten.) Allerdings gibt es eine allgemeine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers, angemessene Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer zu ergreifen. Diese wird aktuell durch die geltenden behördlichen Arbeitsschutzregeln konkretisiert.
Hält der Arbeitgeber diese nicht ein, hat der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht mit seiner Leistung. Der Arbeitnehmer darf in einem solchen Fall (wenn die Arbeit im Home Office möglich ist) auch eine Tätigkeit im Home Office anbieten. Eine solche Auseinandersetzung sollte allerdings – um den Arbeitnehmer formell und inhaltlich abzusichern – stets von Anfang an mit anwaltlicher Hilfe erfolgen.
Frage 4: Kann mein Arbeitgeber mich nach Hause schicken, weil ich Husten habe? Kriege ich dann mein Gehalt oder muss ich Urlaub nehmen?
Der Arbeitgeber ist berechtigt, schon bei leichten Symptomen wie Husten den Arbeitnehmer von Kollegen zu trennen oder nach Hause zu schicken. (Die anderen, sonst gefährdeten Arbeitnehmer können das sogar von ihm verlangen.) Der Arbeitgeber darf und muss also nicht das Risiko auf sich nehmen, hier abzuwarten.
Ob ich mein Gehalt weiter erhalte oder ob der Arbeitgeber dazu nicht verpflichtet ist, ist eine Frage des Einzelfalls, abhängig vom Arbeitsvertrag und der Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit.
Frage 4: Muss ich Dienstreisen antreten, auch wenn dabei ein Risiko für mich besteht?
Im Regelfall muss der Arbeitnehmer Dienstreisen leisten, wenn dies Teil der arbeitsvertraglichen Tätigkeit ist. Das hat aber Grenzen. Nach § 5 ArbSchG besteht für den Arbeitgeber die allgemeine Pflicht, jeweils anlassbezogen eine Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers vorzunehmen, als Vorab-Prognose. Dabei sind nicht nur konkrete Ansteckungsrisiken aufgrund aktueller Reisewarnungen des auswärtigen Amts… zu berücksichtigen, sondern auch eine etwaige Risikogruppen-Zugehörigkeit des Arbeitnehmers und diverse andere Punkte. Dies wird im Moment im Einzelfall sehr häufig dazu führen, dass eine Dienstreise nicht angeordnet werden darf, erst recht, wenn die Möglichkeit besteht, das Ziel der Dienstreise auch auf anderem Weg zu erreichen. ( Videokonferenz…). Will der Arbeitnehmer die Dienstreise verweigern, ist dringend von Anfang an die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu empfehlen.
Frage 5: Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, dass ich positiv getestet wurde?
Auf jeden Fall, und auch sofort. Der Arbeitgeber kann ja sonst nicht dafür sorgen, dass seine Kunden und die anderen Mitarbeiter… geschützt werden. Das sollte – und ganz besonders dort, wo für Dritte ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht- ernst genommen werden: Andernfalls drohen nämlich arbeitsrechtliche Folgen bis hin zu einer außerordentlichen Kündigung und Schadensersatzrisiken. Im Einzelfall können auch strafrechtliche Folgen hinzukommen.
Die Informationspflicht gilt übrigens auch schon, wenn ich als Arbeitnehmer nur in Kontakt mit Personen war, bei denen eine Infektion festgestellt wurde oder bei denen ein begründeter Verdacht besteht. Allerdings muss ich nicht genau mitteilen, um welche Personen es sich konkret handelt.
Frage 6: Darf mein Arbeitgeber meine Kollegen informieren, dass ich positiv getestet wurde?
Das ist zumindest dort zulässig, wo es dafür ernsthafte vernünftige Gründe gibt. Das kann zumindest dort der Fall sein, wo andere Arbeitnehmer mit dem Kollegen im Vorfeld den Kontakt waren oder wo Kontakte mit Kunden… nachvollzogen werden müssen, zwecks weiterer Warnung ………
Frage 8: Wie lange habe ich Anspruch auf mein Gehalt, wenn ich an Covid-19 erkranke?
Im Regelfall hat der Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Vorgaben des § 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für 6 Wochen. Das gilt allerdings nicht in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses. Besonderheiten können sich bei gleichzeitiger behördlich angeordneter Quarantäne ergeben.
Frage 9: Habe ich den Anspruch auch, wenn ich mich wissentlich in ein Risikogebiet begeben habe?
Das kann man nur im Einzelfall beantworten. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass ich mich als Arbeitnehmer unverschuldet mit dem Virus infiziert habe. Das muss im Einzelfall geprüft werden. Ist z.B. das Risiko einer Infektion in dem fraglichen Gebiet nicht größer als in Deutschland, ist der Arbeitnehmer nicht Teil einer besonderen Risikogruppe und verhält er sich vor Ort vorsichtig, liegt im Einzelfall kein Verschulden vor. Allerdings sollte man gut überlegen, ob man das Risiko trotzdem eingeht – die rechtliche Situation ist nicht eindeutig und der Folgeschaden im persönlichen Verhältnis zum Arbeitgeber tritt vielleicht trotz (oder gerade wegen (zu der Pflicht zur Lohnfortzahlung ein.
Frage 10: Habe ich Anspruch auf eine Entschädigung, wenn ich mich bei der Arbeit infiziere?
Das hängt gegenüber dem Arbeitgeber davon ab, ob sich der Arbeitgeber an die behördlichen Vorgaben zum Infektionsschutz gehalten hat oder nicht. Darüber hinaus kann im Einzelfall ein über den Arbeitgeber abzuwickelnder Anspruch nach § 56 I IfSG (Infektionsschutzgesetz) auf Entschädigung existieren, wenn der Arbeitgeber eine behördliche Untersagung der Ausübung der Erwerbstätigkeit erhalten hat bzw. wenn ihm gegenüber Quarantäne angeordnet wurde.
Wir unterstützen Sie auch in dieser Situation durch fachanwaltlichen Rat.
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt / Fachanwalt für Arbeitsrecht und Insolvenzrecht Klaus Maier.