Dass eine anerkannte Schwerbehinderung einen Arbeitnehmer nicht komplett unkündbar macht, musste sich ein Facharbeiter in der chemischen Industrie vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 10.12.2020, Az. 5 Sa 231/20) erfahren.
Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis nach Zustimmung des zuständigen Integrationsamts gekündigt, weil sie dem Arbeitnehmer schwere rassistische und beleidigende Äußerungen gegenüber ausländischen Fremdfirmenmitarbeitern vorwarf. Der Arbeitnehmer bestritt die Äußerungen und rügte Formalien (ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung/ordnungsgemäße Schwerbehindertenvertretung-Anhörung).
Eine Beweisaufnahme hatte festgestellt, dass der Arbeitnehmer Mitarbeiter von Fremdfirmen unter anderem als „Nigger“ und „ meine Untertanen“ bezeichnet habe und auf eine unverfängliche Frage eines Kollegen, was er zu Weihnachten geschenkt bekommen habe, sich wie folgt geäußert haben solle: „Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken sollte man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen.“
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bewertete diese Aussagen als so schwerwiegend, dass seiner Ansicht nach eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich sei.
Erschwerend hatte das LAG berücksichtigt, dass der klagende Arbeitnehmer im Vorfeld sich aufgrund seiner Schwerbehinderung als „unantastbar“ und als jemand, dem man wegen seiner Schwerbehinderten Eigenschaft nichts könne, dargestellt habe. (Dies war wohl auch Grund dafür, dass andere Mitarbeiter erst spät den Weg zum Arbeitgeber gefunden hatten.)
Das Urteil ist insoweit bemerkenswert, als es zum einen das bewusste ausnutzen des sozialen Besitzstands Schwerbehinderung als verschärfenden Sachverhalt zieht, zum anderen, weil das Gericht trotz der Berücksichtigung des Alters und der geringen Arbeitsmarktchancen und der sozialen Verpflichtungen des Arbeitnehmers (verheiratet, drei Kinder) im Rahmen einer Gesamtabwägung das Verhalten des Arbeitnehmers als ausreichend für eine Kündigung ansah.