Haftungsrisiken für Vorstände!
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie machen auch vor eingetragenen Vereinen nicht halt: Brieftaubenzüchterverein und Sportverein… In unterschiedlicher Weise sind verschiedenste Vereine wirtschaftlich von der Corona-Pandemie betroffen:
- Sponsoren und Werbepartner kündigen getroffene Vereinbarungen, leisten vereinbarte Zahlungen nicht oder gehen selbst in Insolvenz
- Einnahmen aus einmaligen oder laufenden Veranstaltungen, aus Vereins Gaststätten Vereinsgaststätten… fallen weg, bei zum Teil weiterlaufenden Kosten
- Mitglieder kündigen und/oder zahlen Ihre Beiträge nicht mehr…
Die Auswirkungen auf einzelne Vereine sind sehr unterschiedlich, oft aber drastisch: Der Verein kann seine bisherige Finanzplanung nicht mehr zugrundelegen und im Einzelfall sogar in eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geraten. Die rechtliche Folge dessen regelt – grundsätzlich – § 42 II BGB: Der Vorstand des zahlungsunfähigen und/oder überschuldeten Vereins muss nach dem Gesetz Insolvenzantrag stellen.
Extrapoliert man die Erfahrungen aus dem Bereich der insolvenzantragspflichtigen wirtschaftlich tätigen juristischen Personen, bei denen eine Unkenntnis der juristischen Begriffe Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung und eine zu späte Insolvenzantragstellung sehr häufig sind, muss man vermuten, dass es im Vereinswesen nicht besser bestellt sein wird. Ehr muss man davon ausgehen, dass die Vorstände von Vereinen – die oft mit solchen Themen noch nie zu tun hatten – oft keinerlei Risikobewusstsein haben werden.
Das ist für die amtierenden Vorstände allerdings hoch problematisch: § 42 Abs. 2 BGB begründet nämlich nicht nur eine Insolvenzantragspflicht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Dann, wenn die in einer konkreten Situation geschuldete Stellung eines Insolvenzantrags verzögert wird, haften diejenigen Vorstandsmitglieder, denen deshalb ein Verschulden zur Last fällt, von den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden als Gesamtschuldner (§ 42 Abs. 2 S. 2 BGB).
Dies ist insbesondere bei so genannten Neugläubigern (also denen, bei denen die entsprechenden Verpflichtungen des Vereins nach Eintreten der Insolvenzreife entstanden sind) besonders hässlich, weil der Schaden hier bei Lieferungen den vollen Zahlungsausgleich umfasst.
Soweit „ohne Corona“. Das Problem gab es ja immer wieder, dass Vereine Insolvenzantrag stellten mussten, insbesondere bei höherklassigen Sportvereinen mit teurem Spielbetrieb, bei Vereinen, die Immobilien wie Tennishallen… betrieben.
„Aber jetzt gibt es ja Sonderregelungen, die die Insolvenzantragspflichten ausschließen“, denkt sich derzeit so mancher Vereinsvorstand und wurstelt unverdrossen weiter. Aber: Ist das tatsächlich so?
Ganz so einfach war es nie. Unter bestimmten Voraussetzungen waren – auch für eingetragene Vereine – unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 COVInsAG bis zum 30.09.2020 für die Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung und unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 COVInsAG für den Insolvenzgrund der Überschuldung die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt worden.
Allerdings hat sich die Situation seit Beginn des Jahres 2021 rückwirkend deutlich verschärft. Nach der rückwirkend seit dem 1.1.2021 geltenden Regelung in § 1 Abs. 3 COVInsAG ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags auch für Vereinsvorstände nur noch unter der Voraussetzung bis zum 30.4.2021 suspendiert, dass der Verein im Zeitraum vom 1.11.2020 bis zum 28.2.2021 (Aufpassen -Das Datum wird wichtig…) ein Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der Pandemie gestellt hat. Die Erlangung der Hilfen darf dabei nicht offensichtlich aussichtslos sein und mit der erlangten Hilfeleistung muss die Insolvenzreife beseitigt werden können.
Möglicherweise sind daher viele Vereine unerkannt insolvenzreif und die Vorstände begründen und erhöhen durch den Fortbetrieb des Vereins persönliche Haftungsrisiken – abhängig von Art, Größe und finanziellen Verhältnissen des Vereins in vernachlässigbarer oder existenzvernichtender Höhe für den einzelnen Vorstand.
Gerade Sportvereine sind im Moment in einer Zwickmühle: Im Moment weiten zahlreiche Bundesländer die Unterstützungsprogramme für Sportvereine aus, über den 28.2.2021. Und viele Vereine werden nur unter Berücksichtigung von nach dem 28.2.2021 beantragten Hilfeleistungen in der Lage sein, eine bereits eingetretene Insolvenzreife zu beseitigen.
Bislang finden diese späteren Fördermittel aber für die Frage der Beseitigung der Insolvenzantragspflicht im Gesetz noch keine Erwähnung. Der Gesetzgeber ist daher aufgefordert, die derzeitige Regelung in § 1 Abs. 3 COVInsAG kurzfristig anzupassen, da ansonsten viele Vereine – eigentlich unnötig – Antrag stellen müssen.
Die Situation ist insgesamt einigermaßen verwirrend und für ehrenamtliche Vereinsvorstände im absoluten Regelfall überfordern, da sie mit solchen Themen nie zu tun hatten und da insbesondere auch die Vereinsbuchhaltung und Kassenführung des Vereines sich im absoluten Regelfall mit solchen Themen noch nie beschäftigt hat.
Fragen wie
- Was ist Zahlungsfähigkeit und was Überschuldung und wie stelle ich sie im konkreten Fall fest?
- Was kann und muss ich als Vorstand in dieser Situation tun, von Sanierungsversuchen angefangen bis hin zur Stellung eines Insolvenzantrags? Und ab wann?
- Wie ändert sich die Rechtslage und welche Auswirkungen hat dies auf meine Pflichten als Vorstand?
- Wie handle ich als einzelnes Vorstandsmitglied, wenn ich vor der Thematik Angst habe und andere Vorstandsmitglieder sie nicht ernst nehmen und sich weigern, sich damit zu beschäftigen oder Antrag zu stellen?
können vom Vereinsvorstand selbst oder von dessen Mitgliedern meist nicht qualifiziert beantwortet werden.
Rechtsanwalt Klaus Maier als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät Sie auch in dieser Situation, sei es als gesamten Vereinsvorstand oder als einzelnes Mitglied eines Vereinsvorstands-