Kündigungen langjähriger Arbeitnehmer bei kleinen Diebstählen nach langjähriger Betriebstreue (oder auch: Nicht-erwischt-werden!) sind sozial immer besonders im Brennpunkt: Wie wägt man zwischen einer langjährigen Betriebstreue und Bagatellbeträgen zum einen und strafbarem Verhalten und der Offenkundigkeit der Rechtswidrigkeit desselben zum anderen ab?
Darf gleich außerordentlich gekündigt werden oder muss vorher abgemahnt werden?
Gerichte gucken sich immer den konkreten Einzelfall an und versuchen eine Gesamtabwägung zu treffen. In einem Fall beim LAG Düsseldorf als zweiter Instanz (Urteil vom 14.01.2021, Az. 5 Sa 483/20) ging es bei einem seit 15 Jahren in der Paketzustellung tätigen Mitarbeiter um eine Flasche Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle, beides ist im Eigentum des Arbeitgebers,, die der Arbeitnehmer im Kofferraum seines Privatfahrzeugs liegen hatte und die bei einer Kontrolle gefunden wurde.
Neben dem Wert (40 €) und der Tatsache, dass die zweiteinstanzlichen Richter den Erklärungsversuchen des Arbeitnehmers nicht zurecht glaubten, spielte eine wesentliche Rolle, dass der Arbeitnehmer in der beginnenden Pandemiezeit, als Desinfektionsmitte Mangelware gewesen seien und in Kenntnis dessen, dass sein Arbeitgeber mit Versorgungsengpässen bei Desinfektionsmitteln zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge des Desinfektionsmittels (1 l) geklaut hatte. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgehen.
Das Urteil ist in seiner konkreten Gestaltung sicherlich ein Einzelfall. Die allgemeine Argumentation dahinter ist aber sicherlich, dass Richter in der aktuellen Pandemie oder ähnlichen Situationen den Diebstahl knapper Güter erschwerend berücksichtigen, insbesondere dann, wenn dieser der Pandemiebekämpfung dient und wenn damit auch die Interessen anderer Beteiligter über den Diebstahl hinaus negativ beeinflusst werden.