Das Bundesarbeitsgericht stärkt die Rechte von Arbeitnehmern
Das Bundesarbeitsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Eine Firma im Luftfrachtgeschäft hatte einen Arbeitnehmer per Formularvertrag als leitenden Mitarbeiter eingestellt. Der Vertrag enthielt eine Bonusregelung, nach der der Arbeitnehmer je nach Leistung und Geschäftsentwicklung bis zu 25 % seines Bruttojahresgehalts zusätzlich verdienen konnte. Voraussetzungen und Höhe sollten gesondert geregelt werden. Diese gesonderte Regelung in Form einer Zielvereinbarung kam während des anderthalbjährigen Arbeitsverhältnisses nicht zustande. Der Arbeitnehmer hatte eine solche allerdings auch nicht zwischenzeitlich angemahnt.
Der Arbeitnehmer verlangte die volle Zusatzvergütung per Arbeitsgericht und bekam zu 90 % vom Bundesarbeitsgericht recht.
Das Bundesarbeitsgericht wertete das Unterlassen des Abschlusses einer zusätzlichen Zielvereinbarung als schuldhafte Handlung des Arbeitgebers, die zum Schadensersatz verpflichte, dem Grundsatz nach.
Das Bundesarbeitsgericht musste in der weiteren Folge auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs festlegen, also sozusagen eine Zielvereinbarung so fingieren, als sei sie zustande gekommen, als Berechnungsgrundlage.
Und hier liegt für den Arbeitgeber wie für den Arbeitnehmer der Hase im Pfeffer. Das Bundesarbeitsgericht geht bei Unterlassen einer Vereinbarung davon aus, dass eine Bonusklausel so festgelegt worden wäre, dass der Arbeitnehmer die darin benannten Ziele erreicht hätte.
Mit diesem Ergebnis sind also erst einmal 100 % des variablen Lohnanteils als Maximalanspruch als Zwischenergebnis anzusetzen. Die unterlassene Mahnung des Arbeitnehmers (der ja daran mitzuwirken hatte, weil es eine zusätzliche Vereinbarung sein sollte und nicht eine einseitige Bestimmung durch den Arbeitgeber) wertete das Bundesgericht mit einem Mitverschuldensabzug von lediglich 10 %. (Hätte also der Arbeitgeber einseitig bestimmen können, was Basis des Bonus ist – auch eine geläufige Variante – wäre nicht einmal dieses Argument für den Arbeitgeber griffig.)
Was bedeutet das in der Praxis?
Arbeitgeber schließen variable Vereinbarungen, um Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuheizen und sie zu motivieren. Das Urteil zeigt, dass es mit der Vereinbarung alleine nicht getan ist, wenn der Arbeitgeber dieses Ziel erreichen will. Um den Bonus tatsächlich als Bonus offenzuhalten, muss er in der Folge sich auch vertragskonform verhalten und die jeweiligen Einzelvereinbarungen zu vertraglichen Zielen regelmäßig angehen und vereinbaren.
Zuständige HR-Mitarbeiter oder sonstige zuständige sollten die Angelegenheit daher ernst nehmen und organisatorische Vorkehrungen dafür treffen, dass nach dem Vertragsabschluss die Thematik nicht in Vergessenheit gerät.
Arbeitnehmer mit einer solchen Vereinbarung können sich überlegen, ob es für sie besser ist, eine Zielvereinbarung anzumahnen (und dann gegebenenfalls in eine Vereinbarung zu kommen, die sie mit weniger als 90 % voraussichtlich erfüllen …) oder ob es für sie besser ist, abzuwarten und einen grundsätzlich geringen anzurechnenden Mitverschuldensanteil in Kauf zu nehmen.