Das Arbeitsverträge sittenwidrig sind, weil der Arbeitnehmer zu wenig Lohn bekommt, ist eine nicht allzu seltene Praxis, die im Einzelnen juristisch schwierig zu beurteilen ist, allerdings in der letzten Zeit durch die Existenz des Mindestlohns und seine Erhöhungen zumindest im Niedriglohnbereich etwas an Komplexität verloren hat.
Eine ganz andere Baustelle ist die Sittenwidrigkeit wegen zu hohen Lohns bzw. zu hoher Lohnbestandteile. Um dieser soll heute gehen.
Es liegt auf der Hand, dass solche Fälle drastisch seltener sind, da Arbeitgeber in der Regel lieber weniger als mehr zahlen. Anders ist dies aber in Strukturen, in denen sich der Arbeitgeber aufgrund interner Strukturen und Machtverhältnisse in gewisser Weise – nur leise überspitzt – als eine Mischung aus Selbstbedienungsladen und all- you can-eat -Buffet darstellt.
Das Arbeitsgericht Berlin hatte hier jüngst mehrere Fälle von hochrangigen Mitarbeitern eines öffentlichen Rundfunksenders (RBB) zu bewerten, die letztlich Arbeitsverträge bekamen, bei denen – neben durchaus schick zu nennenden laufenden Löhnen – eine Übergangsversorgung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart war, die in Höhe des bisherigen Lohnes ohne jegliche weitere Leistungspflicht, ohne Anrechnung auf spätere Verdienste vereinbart war.
Das Arbeitsgericht Berlin hielt diese Arbeitsverträge für nichtig, wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB. Ob spätere Instanzen dieses halten, ist noch nicht sicher, aber in Anbetracht der drastischen Einseitigkeit zulasten des Arbeitgebers im konkreten Falle (und der Öffentlichkeit als dessen letztendlichem Finanzierer) in keiner Weise ausgeschlossen. Es bleibt daher spannend.
Neben der netten prozessualen Folge für den Arbeitgeber, dass er sich letztlich im Kündigungsschutzprozess wegen einer Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses gar nicht auf die Erfüllung der Voraussetzungen einer Kündigung berufen musste, hat das Ganze aber weitere Folgewirkungen.
Zum einen stellt sich in einem solchen Fall natürlich immer die Frage einer etwaigen Rückforderung von anteiligen Löhnen (Auch die dürften in einem solchen Fall im Feuer stehen, da dann nach § 612 BGB der übliche Lohn gilt – und vielleicht war ja auch der überschritten …) und vor allem von etwaigen bezahlten Ruhegeldern oder sonstigen gegenleistungsfrei vereinbarten und von der Sittenwidrigkeit des Vertrags mit umfassten anderen Lohnbestandteilen.
Die Fallkonstellation zieht allerdings noch weitere Kreise, und zwar in die Personenkreise hinein, die nun im Nachhinein auf Seiten des Arbeitgebers als Geschäftsführer, oder auch als Arbeitnehmer für eine Überprüfung und Rückforderung etwaiger zu Unrecht bezahlter Löhne zuständig sind.
Sollten hier im Einzelfall Sachverhalte existieren, bei denen ein Rückforderungsanspruch möglich, nicht im Einzelfall verjährt und durchsetzbar ist, wird sich der entsprechende Geschäftsführer oder hochrangige Arbeitnehmer im Eigeninteresse Fragen stellen müssen:
- Ob er eine Pflicht hat, entsprechendes zu prüfen und gegebenenfalls durchzusetzen (wovon im Zweifelsfall erst mal ausgegangen werden sollte)
- Ob er nicht das Ganze aussitzen dürfe (was zu Haftungsansprüchen gegen fahrlässig handelnde Geschäftsführer – hier recht einfach, z.B. nach § 43 Abs. 1 GmbHG – oder gegen fahrlässig handelnde personalverantwortliche Arbeitnehmer führen durfte, in Extremfällen bei positiver Kenntnis der Sittenwidrigkeit sogar bis hinein in eine hässliche Strafbarkeit nach § 266 StGB)
- Ob aktueller Eilbedarf gegeben sein könnte (ja, da insbesondere jetzt zum Jahresende Ansprüche verjähren könnten, die man vorher gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe einer Verjährungsunterbrechung zuführen sollte – zu Nichtstuns-Folgen siehe oben!)
Rechtsanwalt Klaus Maier als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Insolvenzrecht unterstützt Sie bei der Prüfung entsprechender Ansprüche und Handlungspflichten gerne.
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