Oder: Wie schwer ist es, bezahlten Lohn von einem Arbeitnehmer zurückzubekommen, wenn man meint, dieser habe nichts oder zu wenig getan?
Eine krachende Niederlage vor der Arbeitsgerichtsbarkeit in Mecklenburg-Vorpommern erlitte ein Arbeitgeber, der gegen Rest-Zahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis versuchte, mit seiner Ansicht nach gegebenen Rückzahlungsansprüchen aufzurechnen. Diese sollten sich daraus begründen, dass er den Lohn für einen gesamten längeren Zeitraum mit über 300 Stunden Home-Office-Arbeitszeit pauschal zurückforderte.
Die Arbeitnehmerin konnte zwar nicht nachweisen, was sie in jeder einzelnen Stunde dieser Tätigkeit gemacht hatte. Sie konnte allerdings vorweisen, dass sie diverse Arbeitsergebnisse – und zwar mit deutlichen Arbeitsfortschritten – dem Arbeitgeber übersendet hatte.
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vertrat in 2. Instanz die übliche – für Arbeitgeber harte – bisherige Linie der Rechtsprechung, die vorsieht, dass nur dann eine Rückzahlung erfolgen muss, wenn genau nachgewiesen ist, zu welchen Zeiten der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat. Und das muss der Arbeitgeber tun. Hier konnte er das nicht.
Auf dieser Basis war das LAG auch der Meinung, dass dem Arbeitgeber auch nicht teilweise Rückzahlungsansprüche zustanden, sondern schlicht gar keine. Also greift auch der Argumentationsversuch, dass die nachgewiesenen Arbeitsfortschritte in einem kleineren Teil der Arbeitszeit hätten gemacht werden können und dass man für den restlichen Zeitanteil Rückzahlung verlangt, im Regelfall nicht.
Weitere Argumentationsversuche des Arbeitgebers, z.B. dergestalt, dass die Arbeitnehmerin eine bestimmte große Arbeitsaufgabe nicht zu Ende gebracht habe und deshalb nichts gearbeitet haben könne, griffen gleichfalls nicht. Die Arbeitnehmerin habe nicht den Erfolg einer endgültigen Bearbeitung einer Arbeitsaufgabe geschuldet, sondern habe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sich lediglich im Rahmen der Ausschöpfung ihrer persönlichen Möglichkeiten zu bemühen gehabt.
Der Erkenntnisgewinn für Arbeitgeber lautet in die Richtung, dass mit dieser Rechtsprechung zwar sicherlich Fälle lösbar sind wie derjenige, bei dem sich Mitarbeiter eingestempelt haben, dann aber für den Rest des Tages (per Video gefilmt) unter Zuhilfenahme von Bierflaschen außerhalb des Arbeitgeber-Betriebsgeländes den Tag verbringen, um sich gegen Tagesende wieder aufs Gelände zu schleichen und auszustehen.
Fälle der oben genannten Art scheinen mit der benannten U Rechtsprechung aber für Arbeitgeber schwerlich erfolgreich lösbar. Anders formuliert: Rückzahlungsansprüche auf der Basis einer pauschalen Unterstellung, ein Arbeitnehmer habe nichts oder zu wenig getan, im Home-Office, sind nicht durchsetzbar.
Für Arbeitnehmer kann der Tipp gegeben werden, dass eine zwischenzeitliche dokumentierte Hereingabe von Arbeitsergebnissen und Arbeitsfortschritten ein gutes Präventionsmittel gegen dergleichen Begehrlichkeiten sein können. Gleiches gilt für exaktere Arbeitsaufschriebe.
Rechtsanwalt Klaus Maier
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Spezialist für Insolvenzanfechtungsrecht
Insolvenzverwalter
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