Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (kurz „ BEM“) ist nach wie vor bei vielen kleineren Arbeitgebern bei krankheitsbedingten Kündigungen als grundsätzlich zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Kündigung noch nicht recht angekommen.
Diese in § 167 Abs. 2 SGB IX dem Arbeitgeber auferlegte sozialrechtliche Verpflichtung, nach längerer Krankheit des Arbeitnehmers mit diesem ein ergebnisoffenes Verfahren zur Klärung aller Möglichkeiten zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung durchzuführen, hat schon vor Jahren aufgrund des Bundesarbeitsgerichts arbeitsrechtlich Brisanz gewonnen:
Das Bundesarbeitsgericht interpretiert diese sozialrechtliche Norm auch ins Arbeitsrecht hinein und geht bei Unterlassen davon aus, dass eine krankheitsbedingte Kündigung grundsätzlich vermeidbar gewesen wäre, wenn der Arbeitgeber vorher mit dem Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes „BEM“ durchgeführt hätte.
Das Bundesarbeitsgericht lässt hiervon zwar Ausnahmen zu, allerdings liegt hier – wie üblich im Zivilrecht – der Hund bei der Frage der Darlegungs- und Beweislast begraben. Das Bundesarbeitsgericht legt dem Arbeitgeber auf, seinen Ausnahmefall genau vorzutragen und gegebenenfalls bei Bestreiten durch den Arbeitnehmer zu beweisen. Hat er keinen dem Gericht genügenden Ausnahmegrund oder kann er diesen nicht voll beweisen, verliert er den Kündigungsschutzprozess.
Soweit, (und aus Sicht des Arbeitnehmers) so gut.
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht mit der Entscheidung 2 AZR 138/21 vom 18.11.2021 zulasten des Arbeitgebers noch mal eine Schippe draufgelegt:
Der zugrunde liegende Fall war der, dass ein Arbeitgeber nach längeren Krankenständen ein BEM durchführte, danach war der Arbeitnehmer wieder länger krank. Der Arbeitgeber verließ sich darauf, dass ein durchgeführtes BEM für Zeit und Ewigkeit reiche. Er unterließ es, auf der Basis neuer Krankheitstage nach dem ersten BEM noch einmal ein zweites durchzuführen (obwohl dessen definitorische Voraussetzungen nach dem Gesetz gegeben waren …)
Das Bundesarbeitsgericht war damit gar nicht einverstanden und entschied die Kündigungsschutzklage letztinstanzlich zugunsten des Arbeitnehmers. Seiner Ansicht nach hätte der Arbeitgeber ein zweites BEM durchführen müssen.
Dies gilt nach dem Bundesarbeitsgericht auch, wenn nach dem zunächst durchgeführten Verfahren noch nicht wieder ein Jahr vergangen ist.
Rechtsanwalt Klaus Maier
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Spezialist für Insolvenzanfechtungsrecht
Insolvenzverwalter
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