Stellen Sie sich vor, Sie sind Arbeitgeber mit einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern.
(In Kleinbetrieben ist die Rechtslage anders als hier beschrieben. Am besten fragen Sie dazu und zur Frage, wie man die zehn Mitarbeiter berechnet, ihren Anwalt!).
Und Sie haben den starken Eindruck, dass einer Ihrer Arbeitnehmer sich immer wieder sehr deutlich danebenbenimmt.
Was geht in Ihnen als Arbeitgeber vor? Meist will man den Mitarbeiter anfangs noch behalten, irgendwann – mit der Häufung von Vorfällen – ändert sich dann die Meinung und man will ihn nur noch loswerden. Oft ist es dann eine Bagatelle, die den Arbeitgeber nach langem Leiden erstmals zum Anwalt treibt.
Der fragt dann erst mal ab, wie groß das Unternehmen ist, und wie lange der Mitarbeiter beschäftigt ist. Dann fragt danach, was denn an aktuellen Vorfällen geschehen ist und wann genau die stattgefunden haben und bekannt geworden sind. Außerdem, wann, ob, wie und wegen was schon abgemahnt wurde.
Oft kommt dann als Einschätzung vom Anwalt, dass man momentan nicht wirksam kündigen könne, weil die Voraussetzungen fehlen. Oft weist der Anwalt in diesem Kontext darauf hin, dass eine dennoch erfolgte Kündigung zu teuren Abfindungen führen wird.
Das wiederum führt häufig dazu, dass der Arbeitgeber dem Anwalt – erbost und haarklein – erzählt, was der Arbeitnehmer in der Vergangenheit alles falsch gemacht hat. (Sehr häufig fehlen in dieser Situation auch wirksame und beweisbare Abmahnungen!).
An dieser Stelle des Gesprächs hört man den Anwalt dann oft laut und vornehmlich seufzen. Warum?
Weil der Mandant viel zu spät kommt! Und weil der Anwalt, wenn der Mandant rechtzeitig gekommen wäre, oft rechtzeitig eine frühere Abmahnung hätte aussprechen können oder sogar eine Kündigung. Und weil er im Moment oft nur auf die Zukunft verweisen kann, um wieder eine Chance zu bekommen, für den Arbeitgeber eine sichere Kündigung auszusprechen.
Typische Konstellationen sind dabei die folgenden:
- Abmahnungen sind nicht erfolgt oder aber in einer nicht beweisbaren mündlichen Form, nicht hinreichend präzise und richtig formuliert…, nicht häufig genug…
- Kündigungen (ordentlich oder fristlos) sind nur deshalb nicht wirksam möglich, weil wirksame und notwendige Abmahnungen fehlen.
- Dort, wo der Arbeitgeber eine Kündigung hätte aussprechen können, hat er stat dessen eine Abmahnung ausgesprochen und damit eine spätere Kündigung wegen desselben Sachverhalts ausgeschlossen
- Ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers hätte eine außerordentliche Kündigung (mit oder ohne vorherige Abmahnung im Einzelfall) begründet, der Kündigungsgrund ist aber verfristet.
(Nach dem Gesetz müssen außerordentliche Kündigungen spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden, bei Unklarheiten muss sehr schnell aufgeklärt werden! Noch heiliger wird es, wenn ein Betriebsrat existiert!)
Das Ergebnis? Alle sind unzufrieden, bis auf den Arbeitnehmer, der noch nicht (oder im schlimmsten Fall: nie…!) gekündigt wird.
Warum das Ganze?
- Weil viele Arbeitgeber nicht wissen, dass man Kündigungen oft sehr gut und langfristig vorbereiten muss bzw., weil sie nicht wissen wie.
(Also macht man entweder gar nichts oder alles erst mal selbst und das auch oft falsch…) - Weil viele Arbeitgeber mit dem Kuddelmuddel an aufeinander aufbauenden Sanktionen und Vorgehensweisen ( nicht abmahnbarer Bagatellverstoß, Abmahnung/Abmahnungen, ordentliche Kündigung, fristlose Kündigung) heillos überfordert sind und nicht realisieren, wann Ihnen eine Situation eine arbeitsrechtliche Möglichkeit bietet. Deshalb lassen sie die Möglichkeit verstreichen.
Was ist also zu tun?
- Haben Sie vorab immer im Auge, ob sie arbeitsrechtlich ein Kleinbetrieb sind oder nicht.
(Die Berechnung der „10 Arbeitnehmer“ ist etwas kompliziert und Teilzeitkräfte werden überproportional mitberechnet. Lassen Sie sich den Mechanismus rund um den Kleinbetrieb von ihrem Anwalt erklären, auf Ihren konkreten Fall bezogen!) - Wenn Sie sich im Unklaren darüber sind, welche möglichen Rechtsfolgen sich aus einem Fehlverhalten Ihres Arbeitnehmers ergeben:
Klären Sie ab, ob sie ihn auf jeden Fall behalten wollen. Wenn nein: Fragen Sie kurzfristig ihren Anwalt, welche Möglichkeiten sich aus dem konkreten Sachverhalt ergeben.
Kurzfristig heißt hier (siehe oben) deutlich unter zwei Wochen nach Kenntnis von dem Vorfall!