Was Gesetze in ihrer Wirkung tatsächlich ausmacht, merkt man oft erst Jahre später, wenn neue Sachverhalte auftauchen, auf die das Gesetz angewendet wird.
Ein Paradebeispiel ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Arbeitsbedingungen von Fahrradkurieren.
Der Kurierdienst hatte mit vorgefertigten Arbeitsverträgen (die als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ im Sinne des BGB gelten und die vom Gesetz besonders scharf auf Fairness überprüft werden) versucht, ungeachtet schlechter Löhne Risiken und Kosten von zwingend notwendigen Arbeitsmitteln (hier: Fahrräder, Smartphones…, Mobilfunkverträge) auf die Fahrradkuriere als Arbeitnehmer zu übertragen.
Das Bundesarbeitsgericht erklärte nun diverse Klauseln für unangemessen und unwirksam.
Insbesondere der Versuch, zwingend notwendige Arbeitsmittel ( Fahrräder und Internet-fähiges Smartphone) und damit verbundenen Verschleiß, Wertverfall, Verlust oder Beschädigung… auf den Arbeitnehmer abzuwälzen, wurde für unwirksam erklärt. In den Verträgen des Arbeitgebers vorgesehene minimale Kompensationen wurden für unwirksam erklärt.
Und für die Nutzung des Datenvertrags des Arbeitnehmers war von Seiten des Arbeitgebers gar keine Kompensation vorgesehen – das kippte das Bundesarbeitsgericht erst recht.
Zwei Fahrradkuriere, die im Rahmen ihres Arbeitsvertrags vom Arbeitgeber ein Internet fähiges Mobiltelefon nebst Datennutzungsvertrag und ein verkehrstüchtiges Fahrrad verlangten, gewannen somit in letzter Instanz.
„Wer hat‘s erfunden?“ Diesmal nicht die Hersteller schweizerischer Hustenbonbons, sondern der sonst vielfach gescholtene Exkanzler Schröder, der anlässlich einer BGB-Reform die rechtlichen Regeln zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch aufs Arbeitsverhältnis für anwendbar erklären ließ.